Zur negativen Ästhetik von Windkraftanlagen

https://rotherbaron.com/2019/10/18/entfremdung-und-gewalt/

Entfremdung und Gewalt

Von Diether Hoffman „Rotherbaron“,  20. Oktober 2019

Der folgende Beitrag ist auf Anregung von René Sternke und meiner Webmasterin entstanden. Beide haben mich ungefähr gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Behauptung einer landschaftszerstörenden Wirkung von Windkraftanlagen einer genaueren Begründung bedarf.
Der Hintergrund dieser Anregung ist, dass die Betreiber von Windkraftanlagen und ihre politischen Helfershelfer immer wieder behaupten, der Eindruck einer entsprechenden negativen Wirkung von Windkraftanlagen sei rein subjektiv. Mit der Zeit werde man sich an den Anblick von Windkraftanlagen ebenso gewöhnen wie an alle anderen Eingriffe in die Natur, die der Mensch in der Vergangenheit vorgenommen habe. Welche Argumente lassen sich dem entgegensetzen?

Auszug:

Windkraftanlagen als kulturelle Selbstzerstörung

Die Art, wie Menschen der Natur begegnen, ist kulturell geprägt. In Deutschland ist hierfür die Kunst und Literatur der Romantik von zentraler Bedeutung. Nicht zufällig ist im Rahmen der Diskussion um die landschaftsverändernde Auswirkung von Windkraftanlagen immer wieder die Frage aufgeworfen worden, ob und wie Joseph von Eichendorff oder Caspar David Friedrich ihre von inniger Naturverbundenheit zeugenden Werke im Windstromzeitalter hätten erschaffen können.
Natürlich lässt sich auch dagegen wieder ins Feld führen, dass das eben Werke und Naturkonzeptionen der Vergangenheit seien, die für heutige Menschen keine Bedeutung mehr hätten. Mit demselben Argument müsste man dann aber auch den Denkmalschutz einstellen und sämtliche Altstadtsanierungen augenblicklich beenden.
Es ist eben ein Zeichen von Kultur, dass es bestimmte Kontinuitätslinien gibt. Wie ein Mensch sich nicht in jedem Augenblick seines Lebens neu erfinden kann, ohne sich selbst zu verlieren, entsteht auch kulturelle Identität nur dadurch, dass Veränderungen sich innerhalb eines kulturellen Kontinuums vollziehen. Der abrupte Bruch mit den tradierten Sehgewohnheiten ist deshalb auch eine Form der kulturellen Selbstzerstörung.
Dieser Kulturverlust wiegt umso schwerer, als ja auch die Romantik bereits eine Gegenbewegung gegen das aufkommende Industriezeitalter war. In der Sehnsucht nach freier Natur und Freiheit in der Natur spiegelte sich bereits die Abwehr gegen jenes Zurechtstutzen von Natur und Mensch wider, das in der Phase der Hochindustrialisierung zum alles bestimmenden Merkmal der Kultur werden sollte.
Die Sehnsucht nach einem harmonischen Miteinander mit der Natur, das die Romantik in unserer Kultur verankert hat, hat so jahrzehntelang als Gegengift gegen eine vollständige Naturzerstörung gewirkt. Indem die Betreiber und politischen Förderer von Windkraftanlagen sich dagegen als immun erweisen, zerstören sie die letzte Hemmschwelle, die bislang einer kompletten industriellen Überformung der Natur im Wege stand…

 

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