Gastkommentar Vernunftkraft Odenwald bei Eifel.On:

Gastkommentar: „Wer die totalitären Ansätze nicht erkennt, der träumt“

Windenergieausbau, Vertretbarkeit mit Grundgesetz Artikel 20aBild: privat

Von Peter Geisinger, 18. Januar 2020

Eifel: Vernunftkraft NRW hat beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein Anhörungsgesuch eingereicht mit dem Ziel, die Vereinbarkeit des Ausbaus der Windindustrie mit Artikel 20a des Grundgesetzes vom BVerfG prüfen zu lassen. Artikel 20a verpflichtet den Staat zum Schutz der allgemeinen Lebensgrundlagen und der Tiere. Diese Verpflichtung sieht Vernunftkraft durch den zügellosen Ausbau der Windindustrie verletzt. Unbestreitbare Schadwirkungen an Menschen, Tieren und der Natur zwingen zu einer verfassungsgerichtlichen Klärung. Diese Klärung wird von namhaften Verfassungsrechtlern unterstützt.

Die jüngsten Verlautbarungen von Politik, Wirtschaft und Windindustrielobby zum Thema Windenergieausbau weisen leider genau in die falsche Richtung: BDI-Präsident Dieter Kempf bezeichnete unlängst das legitime Bestreben von mehr als 1.000 Bürgerinitiativen in Deutschland, ihre Umgebung vor der endgültigen Verschandelung zu bewahren, die Natur vor Industrialisierung zu schützen, die sinnlose Tötung von Tieren zu verhindern und gesundheitliche Schäden durch Schall und Infraschall zu vermeiden mit folgender Bewertung: „Wenn jeder nur an sich denkt, bleibt das Gemeinwohl auf der Strecke, weil verbindende Ziele fehlen.“

Wir erleben im Zuge der bewusst geschürten Klimapanik die Reduzierung des Begriffs „Gemeinwohl“ auf Maßnahmen, die – vorgeblich oder real – das Weltklima schützen und damit den Planeten retten. Dahinter haben alle anderen Belange zurückzustehen. Eine absolutere Vereinnahmung des Begriffs Gemeinwohl ist kaum denkbar. Der Autor und Publizist Henryk M. Broder fasste diese Tatsache in folgendem genialen Satz zusammen: „Wer es schafft, mit Hilfe apokalyptischer Visionen eine globale Massenhysterie zu entfachen, der wird sich auf die Dauer nicht mit dem Kampf gegen das CO2 zufrieden geben.“ Den „Klimanotstand“ hat die EU bereits ausgerufen. Dabei ist stark anzuzweifeln, ob der Ausbau der Windindustrie überhaupt einen Beitrag zur Beseitigung dieses fiktiven Notstandes leisten kann.

In der Disziplin apokalyptische Visionen – nicht in der Energiepolitik – sind wir definitiv Vorreiter. Dann wundert es einen auch nicht, wenn der ehemalige Präsident des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft und jetzige Chef des Netzbetreibers 50 Hertz, Stefan Kapferer, aufgrund des stockenden Windenergieausbaus an Land eine geradezu aberwitzige Empfehlung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur formuliert: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es noch viele Flächen gibt, die man dafür besser nutzen kann“. So kämen etwa Einflugschneisen an Flughäfen für Windenergieanlagen in Frage. Hier könnte die Deutsche Flugsicherung Technologien entwickeln, die Windausbau und Sicherheit gemeinsam zulassen.

Wie ist der Sachstand in Sachen Windenergie? Am 5. September 2019 gab es den „Windgipfel“ bei Minister Altmeier in Berlin. Gedacht war, dass dort alle gesellschaftlichen Kräfte zu Wort kommen sollten. Die Bundesinitiative Vernunftkraft war ebenfalls mit einer Delegation vertreten. Schon zu Anfang stellte sich heraus, wie der Wind wehen würde: Minister Altmeier hielt eine siebenminütige Begrüßungsansprache, danach sprach der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, volle zehn Minuten lang. Alle nachfolgenden Wortmeldungen wurden auf drei Minuten begrenzt! Entsprechend dieser Hierarchie waren die später veröffentlichten Ziele.

Hier nur einige besonders markante Beispiele aus dem Horror-Katalog:

  1. Bund­Länder­Vereinbarung zum Abbau von Genehmigungshemmnissen bei der Windenergie an Land
  2. Verkürzung der Instanzen bei Klagen gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen von Windenergieanlagen
  3. Einschränkung der aufschiebenden Wirkung von Klagen und Widersprüchen gegen Genehmigungen von Windenergieanlagen
  4. Aufnahme eines weiteren Ausnahmegrundes beim Artenschutz für den Ausbau von erneuerbaren Energien in § 45 Abs. 7 Nr. 4 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  5. Weiterentwicklung des BNatSchG mit dem Ziel, Maßnahmen zum Klimaschutz von den Ausgleichspflichten vollständig auszunehmen (!) usw.

Es wurde später eine 1.000 Meter-Abstand-Regel von der Wohnbebauung zu Windindustrieanlagen beschlossen, mit vielfältigen Ausstiegsmöglichkeiten: „Opt out: Innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelung kann ein Bundesland geringere Mindestabstandsflächen gesetzlich festlegen. Unabhängig davon erhalten Kommunen unbefristet die Möglichkeit, geringere Mindestabstände festzulegen. Die Kommunen sollen künftig eine finanzielle Beteiligung am Betrieb von Windrädern erhalten. Diese kann erhöht werden, wenn die Kommunen von ihrem Opt-Out-Recht Gebrauch machen. Der Entwurf des Grundsteuerreformgesetzes sieht das bereits vor. Das kann durch einen gesonderten Hebesatz noch verstärkt werden.“

Selbst diese maximal geschwächte 1.000 Meter-Abstand-Regel wird schon von der Windindustrielobby massiv bekämpft! Die mediale Begleitmusik der „öffentlich rechtlichen“ dazu („Unsre Oma ist ´ne alte Umweltsau“) kann sich wie schon beim Monitor-Beitrag vom 29. August 2019 absolut sehen lassen. Nur wurde die fiktive „Satire“ oder „Persiflage“ des WDR von der empörten Öffentlichkeit leider in das weniger gefährliche Gefilde „Diskriminierung der Älteren“ umgeleitet.

Das ist aber nicht der Punkt: Der Punkt ist, dass es eine gerade Linie gibt von der Forderung des Professors Richard Parncutt von der Uni Graz (Artikel 2012: „Todesstrafe für Klimawandelleugner“), über die Erörterung der Zwangseinweisung von Leugnern des menschengemachten Klimawandels (Psychotherapeuten-Journal, 13.9.2019), bis zur angeblich „harmlosen“ Schein-Satire des WDR. Wer in diesen wenigen Beispielen die totalitären Ansätze nicht erkennt, der träumt.

Es ist zu hoffen, dass die Hysterie in der öffentlichen Debatte durch eine höchstrichterliche Klärung der Frage, ob überhaupt ein höherwertiger Zweck wie der Schutz des Weltklimas durch den Ausbau der Windindustrie in Deutschland erreichbar ist, beendet wird. Vielleicht lässt sich nach dieser Klärung die Auseinandersetzung wieder rational statt quasi-religiös führen.

Peter Geisinger flog von 1970 bis 2004 als Pilot im Liniendienst der Lufthansa AG, seit 1978 als Kapitän, zuletzt auf Boeing 747. 1992 wurde er zum Sprecher der Gesamtvertretung des fliegenden Personals gewählt. Von 1998 bis zur Pensionierung war er Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Seit 2009 ist er in verschiedenen Bürgerinitiativen gegen den Windenergieausbau aktiv. Er ist Gründer und Vorsitzender von Vernunftkraft Odenwald e.V..

 

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