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Wo Schwarzstorch und Rotmilan brüten
Reichelsheim im Odenwald wehrt sich gegen Windräder und fordert Korrekturen am Teilplan erneuerbare Energien. Ein Gutachten soll die Argumente untermauern.
von Rainer Hein, 30. November 2018
REICHELSHEIM. Durch die Verschiebung der Beratung und Beschlussfassung des Teilplans für erneuerbare Energien (siehe auch Interview auf Seite 43) haben die Mitglieder der Regionalversammlung Südhessen nun auch etwas Zeit gewonnen, um sich mit einem weiteren Einwand gegen den Planungsentwurf des Regierungspräsidiums auseinanderzusetzen. Reichelheims Bürgermeister Stefan Lopinsky (RWG) stellte gestern ein artenschutzrechtliches Gutachten zu drei Flächen vor, die auf Reichelsheimer Gemarkung als Windvorranggebiete vorgesehen sind. Es handelt sich dabei um die Standorte Kohlwald, Stotz und Range auf dem Höhenrücken zwischen Reichelsheim und Fürth. „Wir werden darauf bestehen, dass diese Standorte aus dem Regionalplanentwurf herausgenommen werden“, sagte Lopinsky, der das Gutachten an das Regierungspräsidium, die hessische Staatskanzlei und die Regionalversammlung geschickt hat. Sollte dies nicht geschehen, käme es einem Gesetzesverstoß gleich.
Das Gutachten war im März in Auftrag gegeben worden, um, wie Lopinsky erläuterte, die Gemeinde im Odenwald vor „wilder Windkraftplanung“ zu schützen. Anlass zu dieser Befürchtung waren Untersuchungen eines Investors aus Karlsruhe, der den Standort Range ohne Zustimmung der Verwaltung für den Bau von Windrädern kartierte. Dafür seien auch der Gemeinde nicht näher bekannte „Gutachter“ unterwegs gewesen. Was deren Untersuchungen ergeben haben, weiß der Bürgermeister bis heute nicht. Um Überraschungen vorzubeugen, habe er deshalb ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.
Die Untersuchung des Büros für Faunistik- und Landschaftsökologie von Dirk Bernd in Lindenfels hat zu einem eindeutigen Resultat geführt. „Der Vorrangfläche 2-292 im Bereich des Höhenrückens zwischen Fürth und Reichelsheim (Kohlwald, Stotz und Range) stehen unüberwindliche artenschutzrechtliche bzw. naturschutzrechtliche Planungshindernisse im Wege“, heißt es zusammenfassend. Dies ergebe sich aus dem Vorkommen von acht planungsrelevanten Brutvogelarten sowie 15 Fledermausarten, die im „Tabu- und Prüfbereich“ der Vorranggebiete zu finden seien. Das Büro listet die Vogelarten Schwarzstorch, Graureiher, Rotmilan, Schwarzmilan, Uhu, Wespenbussard, Baumfalke und Waldschnepfe auf. Besonders ausführlich hat Bernd die Brutvogelkartierung für Rot- und Schwarzmilan sowie den Schwarzstorch beschrieben. Danach wurden auf einer Fläche von sieben Quadratkilometern bei Reichelsheim mehr als 30 Rotmilane beobachtet. Insgesamt siedeln seiner Erhebung nach 27 Paare auf einer Fläche von 74 Quadratkilometern. Damit sei eine Siedlungsdichte gegeben, die sich sonst nur auf der Schwäbischen Alb finde…