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Irrsinn der Energiewende wird jetzt offiziell ignoriert
Von Nando Sommerfeldt und Holger Zschäpitz, 16. Januar 2018
Wegen des Überangebotes an Ökostrom fallen die Strompreise immer häufiger ins Negative. Das liegt an einem Konstruktionsfehler der Energiewende. Doch die designierte GroKo interessiert das nicht. Verlierer sind die Verbraucher.
Es passiert meistens nachts und es passiert immer öfter. Wenn es über deutschen Dächern stürmt und sich die Windräder der Republik rasant drehen, gleichzeitig aber nicht so viel Energie benötigt wird, kommt es zum Chaos am hiesigen Energiemarkt – und die Preise stürzen ins Negative. Sonntagnacht war es wieder so weit. Käufer an der Energiebörse EEX bekamen den Strom nicht nur gratis, sondern auch noch 1,12 Euro pro abgenommener Megawattstunde obendrauf.
Es war bereits das fünfte Mal in diesem Jahr, dass der Markt Kopf stand, dabei ist 2018 gerade einmal 16 Tage alt. Im vergangenen Jahr war es an 24 Tagen zu Negativpreisen gekommen, und es gehört wenig Fantasie dazu, dass 2018 einen neuen Chaosrekord markieren wird.
Der Start ins Jahr 2018 dokumentiert die eklatanten Konstruktionsmängel der deutschen Energiewende. Negative Preise an den Strombörsen gehören inzwischen zum Energiealltag. Immer wenn die deutschen Solaranlagen oder Windräder mehr Energie produzieren, als gerade benötigt wird, es zu einer Stromschwemme kommt, stürzen die Preise ab.
Die Politik zeigt nur wenig Einsatz
Doch die designierte GroKo scheint sich nicht wirklich um das Problem zu kümmern. Im Gegenteil: Die Kapriolen bei den Energiepreisen dürften sogar noch zunehmen. Im Sondierungspapier von CDU/CSU und SPD finden sich lediglich ambitionierte Klimaziele. Bis 2030 will die neue GroKo den Anteil von erneuerbaren Energien von derzeit etwa 30 auf dann 65 Prozent ausbauen. Und es ist auch konkret zu lesen, wie dieser Ausbau vonstatten gehen soll, nämlich mit gigantischen Windenergieanlagen auf hoher See und auf dem Land.
Doch wenn es um die Erweiterung der Netzinfrastruktur oder nötige Speichertechnologien geht, die Windspitzen ausgleichen können, gibt das 28 Seiten umfassende Sondierungspapier wenig her. Da ist lediglich von „Anstrengungen zum Ausbau und zur Modernisierung der Energienetze“ die Rede. Und man wolle eine „Sektorenkoppelung in Verbindung mit Speichertechnologien voranbringen“.
Im Klartext: Die Politik macht offensichtlich keine Anstalten, das Problem der Negativpreise durch notwendige Investitionen abzustellen. Sie riskiert mit den neuen Windkraftanlagen eher noch, das Phänomen zu verstärken. „Ich sehe in den bisherigen Vereinbarungen der großen Koalition wenig, das uns einer Lösung dieses Problems näherbringen könnte“, schimpft ein Energieexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte…