Wolfgang Clement: Gescheiterte Energiewende

http://www.ludwig-erhard.de/erhard-aktuell/standpunkt/fuer-eine-europaeische-energie-und-klimapolitik/?pdf-7415

Für eine europäische Energie- und Klimapolitik

von Wofgang Clement, 30. Januar 2018

Man kann sich natürlich, wenn auch zu immensen Kosten, noch eine ganze Weile vor der Einsicht drücken, aber letztlich wird kein Weg daran vorbei führen: Die deutsche „Energiewende“ ist die teuerste der Welt – und als eine solche ist sie zugleich die an Widersprüchen reichste und an Erfolgen ärmste. Das heißt: Sie ist gescheitert.

Was wir brauchen, ist eine grundlegend andere Energie- und Klimaschutzpolitik. Die Gründe liegen auf der Hand: Erstens, niemand hat die deutsche Politik gezwungen, sich einer Zielsetzung zu verschreiben, die schon aus der Sicht des Jahres 2007 überambitioniert und im Blick auf die EU-Beschlusslage (minus 40 Prozent CO2-Emissionen bis 2030) politisch und fachlich kontraproduktiv, also unsinnig war. Mit dem abrupten, aus der gegebenen Sachlage nicht zu begründenden und rechtlich zweifelhaften Atomausstieg ab dem Jahr 2011 wurde es endgültig unerreichbar, die CO2-Emissionen in Deutschland, gemessen an den Daten des Jahres 1995, schon zehn Jahre früher, also bis 2020 um 40 Prozent zu mindern.

Momentan bewegen wir uns bei 28 Prozent unter dem Wert von 1995. Und dabei ist noch bemerkenswert, dass sich der Rückgang der Treibhausgas-Emissionen im Laufe der Jahre spürbar verlangsamt hat. In den ersten fünf Jahren war es der Zusammenbruch der vormaligen DDR-Industrie, der – wenn auch ungewollt – zur Hilfe für den Klimaschutz wurde. Im Laufe der Jahre schwächte sich der Rückgang sodann Schritt für Schritt ab. Zwischen 2014 und 2016 ist er – all der kostspieligen Förderung der erneuerbaren Energien zum Trotz – nahezu zum Stillstand gekommen.

Angesichts dessen wirkt es geradezu verbohrt, wenn CDU/CSU und SPD nunmehr in ihrem 28-seitigen Sondierungspapier zur Großen Koalition unterschrieben haben, mit einer „Sonderausschreibung“ für Onshore- und Offshore-Wind- sowie Solaranlagen im Umfang von acht bis zehn Millionen Tonnen CO2 wolle man dem heimischen Klimaschutzziel 2020 wenigstens so nahe wie möglich kommen, dies allerdings unter der „Voraussetzung“ der „Aufnahmefähigkeit der Netze“. Jeder weiß, dies wird nicht der Fall sein bzw. wird nur im Wege von Stromexporten zu „Minuspreisen“ oder Subventionen für willkürlich stillzulegende Kohlekraftwerke zu bewerkstelligen sein….

Energiewende: Staatswirtschaftliche Veranstaltung

Der dritte Fehler war und ist die Vorstellung einer isolierten deutschen Energiewende, die bei unseren Nachbarn längst auf viel Verdruss, Ärger und Kritik stößt. Deutschland hat mehr Nachbarn – insgesamt neun – als alle anderen EU-Mitgliedstaaten. Sie mit unseren gelegentlich – je nach Wetterlage – überschüssigen Strommengen zu bedrängen, ist eine Zumutung. Das führt zu Netzstörungen; wir gefährden damit teils deren Versorgungssicherheit, teils ihre nationalen Umbaukonzepte; und sie tun das oft nur gegen Bares, sogenannte Minuspreise.

So erscheint die deutsche Energiewende als eine insgesamt vor allem auf Wind- und Solarenergie verengte, nationale und staatswirtschaftliche Veranstaltung, wie sie jedenfalls in Westdeutschland noch nie gegenüber einer Branche praktiziert wurde. Es gibt keine energiewirtschaftliche Bewegung in diesem Kräftespiel, die nicht auf staatliche Intervention zurückzuführen wäre und entsprechende Subventionen auslöste. Die nationalstaatliche Ausführung ist zudem aus europäischem Gesichtswinkel rechtlich so problematisch wie politisch, auch klimapolitisch unsinnig. Binnenwirtschaft findet nicht statt, preisgünstigere Stromexporte – beispielsweise aus dem an erneuerbarer Elektrizität reichen Dänemark – müssen draußen bleiben, weil Deutschland sonst in zwei Strompreiszonen in Nord und Süd auseinander dividiert werden könnte….

Ein Gedanke zu „Wolfgang Clement: Gescheiterte Energiewende“

  1. Das Merkwürdige ist: Warum können gestandene und „verdiente“ Politiker erst im „Ruhestand“ so eindeutig vernünftig werden und gegen den Mainstream schwimmen? Man möchte sich wünschen , Herr Clement würde seinen Parteifreunden unter den Koalitionären in den Arm fallen und das Schlimmste verhindern. Das jedoch wird aller Voraussicht nach nicht geschehen.

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