Ohne Kohle, Öl, Gas: Wo soll der grüne Strom herkommen?

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Ohne Kohle, Öl und Erdgas :

Wo soll der grüne Strom herkommen?

Es reicht nicht, bloß CO2-Emission zu vermeiden. Für die Stromversorgung in Deutschland reichen die Erneuerbaren Energien nicht aus. Erfolgsmeldungen wie die jüngste, wonach 43 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Ökostrom stammten, beschönigen die Lage.

Von Andreas Mihm, 26. Oktober 2019

Bis zum Jahresende sollen Bundestag und Bundesrat die wichtigsten Gesetze beschlossen haben, um sicherzustellen, dass Deutschland seine Klimaziele einhalten kann. Am Freitag hat das Parlament dazu das erste Gesetzespaket beraten. Naturgemäß liegen die Schwerpunkte auf der Vermeidung klimaschädlicher Emissionen. Aber das darf nicht dazu führen, die andere Seite der Medaille außer Acht zu lassen: Wenn Kohle, Öl und Erdgas – von Atomkraft nicht zu reden – in absehbarer Zeit keine Rolle mehr in der Versorgung der Volkswirtschaft spielen sollen, wer sonst wird die energetische Basis absichern?

Erfolgsmeldungen wie die jüngste, wonach 43 Prozent des Bruttostromverbrauchs bis September aus Ökostrom stammten, beschönigen die Lage. Denn Elektrizität deckt nur ein Viertel der Energie, die Haushalte und Betriebe nachfragen. Die restlichen 1800 Terawattstunden beruhen auf Importware: Öl, Gas und Kohle. Die Erneuerbaren sichern nur 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs. Die Deckungslücke bis 2050, dann soll das Land kohlendioxidneutral sein, beträgt 85 Prozent.

Doch die Frage, wie und woher die Gesellschaft ihre Energie künftig stattdessen beziehen will und wird, ist nicht geklärt. Nur so viel steht fest: Allein mit in Deutschland erzeugtem Ökostrom wird das nicht funktionieren. Es ist schon fraglich, ob die Regierung das Ziel einer Grünstromversorgung in Höhe von 65 Prozent im Jahre 2030 überhaupt erreichen kann…

…Wenn es aber schon um das eine Viertel der deutschen Energieversorgung so kritisch steht, was ist dann mit dem Rest? Energieautarkie ist nur ein Traum, Deutschland bleibt auf Dauer auf den Import von Energieträgern angewiesen. Nach Lage der Dinge wird das vor allem Erdgas sein, später aus erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff. Für Wasserstoff, erst recht für „grünen“, gibt es weltweit noch keine Märkte. Angesichts seiner Klimaschutzzusagen muss Deutschland binnen zehn Jahren Wasserstoff in großem Stil einführen. Es liegt im deutschen und europäischen Interesse, potentiellen Lieferländern zu helfen, solche Industrien aufzubauen. Ein Konzept dafür tut dringend Not.

 

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