„Windkraft nur noch individuelle Gewinnmaximierung der Projektierer“
von: Pressedienst SGO, 07.Dezember 2018
Stellungnahme zum F.A.Z.-Interview mit Brigitte Lindscheid vom 30. November
ODENWALD. – Die Schutzgemeinschaft Odenwald (SGO), Sammelorganisation der Bürgerinitiativen gegen Windkraft im Odenwald, nimmt Stellung zum Interview von Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid, (GRÜNE – RP-Darmstadt), vom 30. November in der F.A.Z.
„Der ursprüngliche Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE), mit dem Ziel 2 % der hessischen Landesfläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen, stammt aus dem Jahr 2011“, sagt Johannes Drerup, Vorsitzender der SGO. „Allein die Nennleistungen der Windkraftindustrieanlagen stiegen von 1,5 MW auf zwischenzeitlich rund 4 MW an. Dies spiegelt sich auch in den Anlagehöhen von seinerzeit 150 m auf nun rund 250 m Höhe. Allein daraus würde sich eine massive Reduzierung der 2%-Fläche ergeben, die in der aktuellen Regionalplanung überhaupt nicht berücksichtigt wird.
Auch die im Plan enthaltenen Abstandsflächen resultieren auf ursprünglich 200 m WKA-Gesamthöhe, wobei bereits bei allen neueren BImSchG-Genehmigungen deutlich höheren Anlagen installiert wurden.
Gerade die zuletzt im Odenwald auf Basis von BImSchG-Genehmigungen errichteten WKA: Greiner Eck, Stillfüssel, Kahlberg und Felgenwald zeigen, dass sowohl im Genehmigungsprozess die Themen Arten- und Naturschutz, Boden- und Wasserschutz, sowie Brandschutz im Wald fehlerbehaftet sind. Insbesondere die Gutachten der jeweiligen Projektierer wiesen massivste Fehler auf. Die anschließende Bauausführung und -überwachung in allen vier Projekten nahm wenig Rücksicht auf die Natur.
Gerade der Aspekt der Trinkwasserversorgung wurde anscheinend mit Rückendeckung des RP-Darmstadts, als zuständige Obere Fachbehörde, weitgehend ausgeblendet. Alle 4 Anlagen wurden von Beginn an gerichtlich beklagt und warten auf ihr Hauptverfahren. Wie weit Gerichte heute bei der Begründung zur Aufhebung eines Baustopps gehen, zeigte der VGH Kassel in seiner Begründung zum Felgenwald am 04.09.2017.
Dass in einer ersten BImSchG-Genehmigung die Thematik Trinkwasserschutz komplett fehlte, ist unerheblich (sie kam in der Änderungsgenehmigung nur Dank Hinweisen aus der Bevölkerung dazu). Wichtig für die Aufhebung des Baustopps sah das Gericht jedoch den individuellen Vermögensschaden des Projektierers an. Dieser könnte aus einer möglichen Absenkung der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung aufgrund zeitlicher Verzögerungen resultieren.
Gerade die fix garantierten Einspeisevergütungen sorgen in Deutschland für die hohen Stromrechnungen und die sozial Schwächsten werden durch diese EEG-Zwangsumlagen überproportional belastet und weit über 500.000 Haushalten wurde nicht zuletzt aus diesem Grund der Strom abgestellt. Wo bleibt für diese Bevölkerungsschicht die soziale und digitale (z.B. Internet) Teilhabe?
Dass es sich beim Ausbau der Windkraft letztlich nur noch um die individuelle Gewinnmaximierung der Projektierer handelt, kann auch aufgrund der öffentlich zugänglichen Zahlen der einzigen kommunalen Odenwälder Anlage am Hainhaus nachgewiesen werden. Die prognostizierte Jahresleistung von 7,6 Millionen kWh wurde nie erreicht.
Sie liegt, gemittelt über alle bisherigen Jahre bei knapp 6 Millionen kWh. Sie wurde mit Gewinn des Projektierers an die öffentliche Hand verkauft, die bisher in den letzten 5 abgeschlossenen und veröffentlichten Betriebsjahren einen Verlust von über 800.000 Euro eingefahren hat. Die Leistungszahlen aller anderen Windkraftanlagen im Odenwald werden mit dem Hinweis auf „Betriebsgeheimnis“ von den jeweiligen Betreibern nicht veröffentlicht.
Viele Betreiber von WKA im mittleren und südlichen Raum Deutschlands haben von gravierenden negativen Abweichungen gegenüber den geplanten Ergebnissen wegen Mangel an Wind berichtet. Daher sind die im damaligen Energiegipfel 2011 zugrunde gelegten Basiszahlen stark zu bezweifeln. Wunschdenken und Wirklichkeit klaffen folgenschwer auseinander.
Dass nun, unter diesen ganzen fragwürdigen Begebenheiten, Frau Lindscheid wörtlich in ihrem F.A.Z. Interview folgendes aussagte:
„Die Konzentration von Anlagen in besonders für Windkraft geeigneten und weniger dichtbesiedelten Gebieten wie dem Mittelgebirge Odenwald muss verständlicherweise über dem hessenweit verbindlichen Zwei-Prozent-Ziel liegen“, passt überhaupt nicht mehr in die Lebensrealität und wurde u.a. in einer direkten Stellungnahme vom Odenwälder Landrat Frank Matiaske als „skandalöse Ungleichbehandlung bei Windkraft-Planung“ hervorgehoben.
Seine scharfe Kritik an Regierungspräsidentin Lindscheid – „Odenwaldkreis kein Hinterhof“, wurde am 01.12.2018 in der F.A.Z. Veröffentlicht (siehe auch unter: ).
Nicht die individuelle Gewinnmaximierung von Projektierern zu Lasten der Allgemeinheit, sondern die Reduzierung von CO2 zur Verringerung der Erderwärmung sollte das ursprüngliche Ziel der hessischen Landesregierung bei der Verfolgung ihrer Ausweisung für die Erneuerbaren Energien auf 2 % der Landesfläche sein.
Eine Reduktion von CO2 kann nachweislich dadurch nicht erfolgen, da die Windkraft nicht grundlastfähig ist und daher gerade in den ganzen hessischen Schwachwindgebieten Backup-Kraftwerke (Atom, Kohle, Gas, teils aus den Nachbarstaaten) die Versorgung sicherstellen. Ausreichende Speicher, bzw. eine Speichertechnologie, die auch bezahlbar ist, stehen, wenn überhaupt, nur rudimentär zur Verfügung. Technisch ist alles überhaupt nicht ausgereift und ein nur ansatzweise funktionierendes und schlüssiges Konzept der Energiewende (es handelt sich bisher hierbei lediglich um eine reduzierte Stromwende) existiert nicht.
Da alle WKA im Odenwald auf bewaldeten und sensiblen Höhenzügen errichtet wurden und zukünftig laut Vorranggebiete errichtet werden sollen, geht damit ein massiver Abholzungsprozess einher. Dies steht im Gegensatz zum Staatsziel der Nachhaltigkeit, zumal keine ausreichenden Ausgleichsflächen zur Verfügung stehen.
Gerade der wertvolle Baumbestand an älteren Bäumen sorgt nachhaltig für eine Bindung des CO2 und einer Umwandlung in Sauerstoff. Ferner kühlen zusammenhängende Wälder die Umgebungstemperatur um rund 3 Grad herab. Neben dem Odenwald kommen hier auch der Taunus, die Wetterau, Vogelsberg und Spessart dazu, die für ein erträgliches Klima in der Kessellage des Rhein-Main-Gebiets sorgen.
Unser Klima ist nun Dank nutzlosem Abholzen (beim Regenwald regt man sich auf) auch für die Stadtbevölkerung unmittelbar durch die Pläne von Frau Lindscheid gefährdet.
Der Aspekt der Gefährdung einer Trinkwasserversorgung durch den Bau von WKA ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. In Ulrichstein (Vogelsberg) wurde dank eines WKA-Betonfundaments ein Trinkwasserbrunnen bereits zerstört. Gerade die Stadt Frankfurt bezieht u.a. ihr Trinkwasser auch aus Ulrichstein.
Auch unter einem Aspekt zukünftiger Regionalentwicklung ist festzustellen, dass durch die Windindustrie im Odenwald keine Arbeitsplätze entstehen. Stattdessen wird der Odenwald als Spekulationsgebiet ohne Entschädigung zugunsten von Windkraftprofiteuren und einer Rotoren-freien Metropolregion ausgebeutet. Es wirkt wie gezielter Regionalkolonialismus.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die laut Bundesumweltministerin Svenja Schulze genannte europäische CO2-Neutralität, nur so viel CO2 produzieren, wie die Bäume umwandeln können, nur durch den Schutz unserer Wälder möglich ist.
Somit bleiben unsere beiden berechtigten Forderungen:
• Keine Windkraft im Wald
• Moratorium / Aussetzen des WKA-Ausbaus bis nachweislich ein schlüssiges Energiekonzept (mit ausreichend Speichermöglichkeit) für eine sichere Energieversorgung zur Verfügung steht.“
Gut zu hören das die Leute endlich die Gefahr erkennen .
Hier würde ich mir noch eine gleichlautende Aussage unseres Landrates Engelhardt wünschen.
Ich habe prinzipiell meine Schwierigkeiten mit der immer wieder angeführten (2%) Kategorie „Fläche“. WKAs nehmen einen Raum ein, dominieren eine ganze Landschaft. Das kann man, zugegeben, schlecht mit einem objektiven Raummaß fassen, weil diese Raumwirkung „im Auge des Betrachters“ liegt. Für mich sind sie wie ein Unfall auf der Autobahn, bei dem man weiß, dass man dort nicht hingaffen soll und sich zwingen muss das auch nicht zu tun. Weil man es unbewusst vielleicht doch täte.