Blackout in der Energiepolitik und in der Realität

An dieser Stelle sei die Lektüre einer sehr gut begründeten und tiefgreifenden Abrechnung mit der derzeitigen Energiepolitik dringend empfohlen. Verfasst ist der Beitrag vom Gründungsmitglied der “Grünen”, Helgo Bran aus Freiburg:

Freiburg, den 27. November 2017

Gründliches Zuhören, Hinschauen und Nachdenken zu dem kürzlich ausgestrahlten ARTE-/3Sat-Film

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=69273

ließen mich dieser Tage auch gründlicher darüber nachdenken, was wohl für unser Land, für meine Mitbürger, die möglichen Folgen eines landesweiten Stromausfalls (Blackouts) wären und was sich uns an Möglichkeiten der Vorsorge böte. Darüber sollte unbedingt nachgedacht werden, denn die Wahrscheinlichkeit eines solchen Blackouts gerade im vor uns liegenden Winter wächst ständig.

Gegen meine hier darzulegenden Sorgen mag man vielleicht einwenden: Wenn die Kraftwerke bei großer Kälte und Schneestürmen dem dann besonders großen Bedarf nicht nachkommen können mit ihrer Stromproduktion, dann werden eben die nun sehr vielen Windkraft- oder genauer Windindustrieanlagen (WIAn) besonders willkommen sein und bei der notwendigen Versorgung „einspringen“. Im Winter stürmt es schließlich oft.

Doch solche Überlegungen bedenken nicht „die Kehrseite der Medaille“. Es ist nämlich gerade umgekehrt: Die inzwischen rund 30.000 Windindustrieanlagen in unserem Land – wahrscheinlich weltweit die größte Stationierungsdichte von WIAn – bedeutet in möglichen Extremfällen gerade die größte Gefährdung der Stromversorgungs-Sicherheit.

Denn die „Alternativen“, die von Wind und Sonne mit ihrer meist sehr geringen und unregelmäßigen Energiedichte abhängig sind, wurden nun mal vom Gesetzgeber „privilegiert“. Ihrer Einspeisung ins landesweite Versorgungsnetz muß also Vorrang eingeräumt werden. Das war einer der großen Fehler schon der Vorläufer von EEG und Energiewende.

Was nun, wenn bei einem starken Wintersturm, einem winterlichen Orkan über Mitteleuropa, die WIAn reihenweise aus dem Versorgungsnetz „wegbrechen“ und ausfallen? Es könnte dann erstmals ein landesweiter Blackout drohen. Denn STROMerzeugung mit solchen nicht ständig zur Verfügung stehenden, nicht steuerbaren, primär nicht netzsynchron laufenden Anlagen ist für die Stabilhaltung von Spannung-&-Frequenz im westeuropaweiten Wechselstromverbundnetz ein Riesenproblem.

Erinnern wir uns nun bitte an den „Weihnachtsorkan LOTHAR“ im Dezember 1999 und dessen damalige Folgen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Orkan_Lothar

So etwas kann wieder eintreten. Angesichts der seither sehr viel zahlreicheren WIAn im Land wären die Folgen heutzutage aber noch sehr viel verheerender.

Es mag ja sein, daß die modernsten Windtürme nicht mehr so wie viele ihrer Vorgänger vom Sturmdruck umgeworfen werden können. Doch schon vor Erreichen der Orkanstärke werden sie plötzlich „aus dem Wind“ oder „in Fahnenstellung“ gedreht oder wegen Eisansatz an den Rotorblättern sonstwie stillgelegt. Sie fallen also aus, und das oft sehr plötzlich und reihenweise.

Das kann die Leute und die Automaten in den Steuerzentralen der Stromversorgung, den Dispatcher-Zentren, und ihre technischen Möglichkeiten rasch einmal überfordern. Dies um so mehr, wenn Anlagen der konventionellen Stromerzeugung, die die „Grund- und Mittellast“ gewährleisten sollten, auf grünen Druck hin in die „Kaltreserve“ stillgelegt wurden. Schnellstarter oder gar „Schwarzstarter“ wie die im Film gezeigte österreichische Pumpspeicheranlage können diese dann selbstverständlich nicht sein.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzstart

…. Die Energie schwarzstartfähiger Erzeugungseinheiten kann dann zum Anfahren nicht-schwarzstartfähiger Erzeugungseinheiten verwendet werden.” Wann … dann? Nach einem Blackout.

Schwarzstartfähig sind unsere Pumpspeicherkraftwerke. Wie viele haben wir von denen außer am Hochrhein und in Thüringen? Die WIAn sind jedenfalls keine Schwarzstarter (Siehe auch hier gegen Schluß!). Wir sollten uns also einmal Gedanken machen über die Wahrscheinlichkeit eines vieltägigen landesweiten Blackouts und die Auswirkungen eines solchen Ereignisses.

Unsere Industrieproduktion wäre erst einmal wohl nicht groß betroffen, denn fast jeder große Industriebetrieb verfügt über eigene Kraftwerke, sollte also auf Autonomie schalten können. Schlimm stünde es freilich um die Gewerbebetriebe ohne derartige Möglichkeiten.

Wie aber wären die Auswirkungen auf uns Normalbürger?
Wenn wir mal versuchen, uns die Folgen einigermaßen realistisch vor Augen zu führen wie in dem Film: Wären sie nicht unvorstellbar schlimm? Denn krisengehärtet ist unsere Versorgung nicht.

Rund acht Tage ohne STROM, ohne Herd, Heizung, Handy, ohne Geldabheben, nachts ohne Licht, im Verkehr ohne Ampeln, ohne funktionierende Tankstellen, ohne Straßenbahnen usw.. Züge könnten freilich von Dieselloks gezogen werden. Allerdings hat die Bahn eh eigene Kraftwerke und eine eigene Netzfrequenz von 16 2/3 Hz. Ihr System wäre also wohl nicht mit betroffen.

Doch was machen wir in den Millionen Privathaushalten?

Insbesondere an ausreichende Reserven an sauberem Wasser in einem Großbehälter sollten wir denken. Wasserreserven, Kerzen und viele Konserven wären ja das Mindeste. Kochen könnte man wohl nur im Freien über Holzfeuern; deshalb eben Konserven, Kondens- und H-Milch.

Ist uns auch klar, daß wir dann vonseiten unserer neuen ausländischen Mitbürger kaum Hilfe und Solidarität erwarten dürften? Würden die nicht, im Gegenteil, dann ganz selbstverständlich, in ihre Muttersprache verfallen (die von uns beinahe niemand verstehen kann), sich fast nur untereinander verständigen, Tips und Vorteile zukommen lassen? Klar doch!
Gleichzeitig sind unsere Polizei und andere notwendige Ordnungskräfte in den letzten Jahren ausgedünnt und zudem unterwandert worden. Wie sollen da Fürsorge, Bereitschaft zum Teilen, Rücksichtnahme, Regelrespektierung und Disziplin aufrecht erhalten werden können? Diese Probleme kommen dann also zusätzlich zu denen durch den Ausfall des Stroms, auch wegen des Ausfalls von Unterhaltung und Zerstreuung (Fernsehen).

Was lernen wir aus alldem? Falsch, grundfalsch ist die verbreitete, immer wieder zu lesende Behauptung, Städte und Gemeinden könnten sich durch einen eigenen „Bürgerwindpark“ mit Windindustrieanlagen „autonom“ versorgen. Welch ein ahnungsloser Unsinn! Das Gegenteil stimmt. Doch viele Gemeinden machen mit sowas Propaganda und locken gutgläubigen Bürgern das Geld aus der Tasche für eine finanzielle Beteiligung, festgelegt auf zwanzig Jahre! In unserer Südwestecke agieren so zB die Gemeinden Freiamt und Schönau. Bei den Einweihungsfeiern – je mit segnenden Priestern – mußte ich’s erleben.

Dabei kann keine Windindustrieanlage (WIA), auch wenn sie einzeln oder zu vielen miteinander rotiert, eine Kommune versorgen.
Nur in seltenen Sonderfällen kann die Stromversorgung vielleicht zu entsprechendem “Inselbetrieb” entkoppelt werden. Was aber, wenn der Wind bald danach wieder weg ist??

Ohne die Spannungshalter-&-50HzTaktgeber unserer zentralen Großkraftwerke verliert sich eingespeister Strom schlicht im Netz.

Das ist die harte elektrotechnische Wahrheit, von der ich leider in meinen Jahren als Energiepolitischer Sprecher der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg nichts ahnte, geschweige denn wußte.

Wir können, ja wir sollten so weit wie möglich Vorsorge treffen. Schließlich hat uns die Regierung in den verg. Jahrzehnten und auch vor ungefähr zwei Jahren noch einmal aufgerufen zum vorsorglichen Anlegen von Vorräten („Aktion Eichhörnchen“). Dabei soll ja dynamisch Vornstehendes verbraucht und jeweils hinten Frisches nachgeschoben werden. Weshalb sollten wir das nun nicht wieder praktizieren?

Einzelne Freunde meinten mir gegenüber damals, das sei nicht wegen drohender Kriegsgefahr, sondern wegen neuerdings drohenden größeren Unterbrechungen der Stromversorgung zu diesen Empfehlungen gekommen.

Angesichts des irrationalen Ausbaus der Windindustrie ist eine solche Deutung tatsächlich auch naheliegend. Dies würde bedeuten, daß zwar noch nicht unbedingt die Kanzlerin, zumindest aber einzelne Sachkundige unter ihren Beratern die lauernde Kollapsgefahr für unser Stromnetz erkannt hatten.

Weshalb durften sie dann nicht die Regierung und die Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit vor dem Irrweg Energiewende warnen?

Helgo Bran, 79110 Freiburg am 27. November 2017

Helgo_Bran@gmx.net